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Für mich war die Percy-Jackson-Reihe von Rick Riordan ein wichtiger Teil meiner Kindheit. Sie handelt von einem zwölfjährigen Jungen, der aufgrund seiner Legasthenie und seines ADHS von einer Schule nach der anderen fliegt und nicht so recht ins Schulsystem passt. Nach einem Vorfall während eines Schulausflugs erfährt er, dass er ein Halbgott des griechischen Gottes Poseidon ist und wird ins Camp Half-Blood gebracht. Von dort aus erlebt er im Laufe der Zeit zusammen mit seinen Freunden viele Abenteuer und rettet dabei die Welt. Seine Legasthenie wird dabei als Symptom seiner Fähigkeit dargestellt, Altgriechisch zu verstehen.

Ja, ich muss zugeben, die Darstellung der Legasthenie bleibt dabei häufig nur oberflächlich und könnte auf den Abenteuern, besonders in den späteren Büchern, stärkere Auswirkungen auf den Plot haben. Wie oft haben Verlesen oder Verschreiben in meinem Leben schon massive Auswirkungen auf Situationen gehabt. Dennoch war die Repräsentanz der Legasthenie definitiv ein wichtiger Baustein bei der Entwicklung eines positiven Selbstbildes.

Aber warum war mir die positive Legasthenie Repräsentanz so wichtig? Weil die negative für Menschen mit Legasthenie und ihre Angehörigen allgegenwärtig ist!

Negative Repräsentanz ist überall!

Frau sitzt über einem blatt. links ist ein rotes federmäpchen

Während meiner Schulzeit wurde ich ständig mit meinen Hürden konfrontiert. Wenn es dann um meine oder die “Fortschrittserfolge” anderer Betroffener ging, waren diese immer nur problemorientiert und das Erreichen einer vollständigen Angleichung an andere blieb stets ein imaginäres und unerreichbares Ziel. Dies ist bei einer Legasthenie auch nicht realistisch. Jedoch führt die ausschließliche Fokussierung auf die Kompensation der Legasthenie und die geringere Betrachtung der Person als Ganzes zu einer verzerrten und negativ geprägten Wahrnehmung des Lebens mit dieser Beeinträchtigung im Allgemeinen.

Schülerinnen und Schüler mit Legasthenie erleben auch nicht nur im Deutsch-Unterricht negative Konfrontationen mit ihren Schwierigkeiten. Tatsächlich haben sie die Konfrontation in jedem Fach. Das kann passieren, wenn sie sich in Chemie verschreiben und somit das falsche Element nennen. Oder wenn sie in Mathematik sich bei der Aufgabe verlesen und dann natürlich die Frage falsch beantworten. Durch die dadurch entstehenden schlechten Noten entwickeln sie oft das Gefühl, grundsätzlich schlechte Schüler zu sein, was jedoch nicht der Wahrheit entspricht! Leider vermittelt unser Schulsystem, dass gute Noten eine Voraussetzung für ein erfolgreiches Leben sind. Wenn trotz großer Anstrengungen und Motivation diese dann nicht erreicht werden können, hat dies einen Einfluss auf das Selbstbild. (Deshalb ist auch ein individueller Nachteilsausgleich in allen Fächern erforderlich.)

Positive Repräsentanz

Doch was könnte eine positive Repräsentanz hier verändern? Sie kann zunächst helfen, dass Menschen mit Legasthenie sehen, dass sie neben ihren Schwierigkeiten auch Stärken haben und dass ihre Legasthenie nicht ihre Möglichkeiten in der Zukunft bestimmt. Wenn Kinder, aber auch Jugendliche und Erwachsene mit Legasthenie sehen können, dass Erfolg trotzdem möglich ist und fast jede Karriere ihnen offen steht, kann dies das Selbstwertgefühl extrem heben.

Auch kann es helfen, dass Vorurteile gegenüber Betroffenen abgebaut werden. Denn häufig wird das Bild vermittelt, dass diese Menschen einfach nur schwache Schüler seien und die Probleme, welche mit Legasthenie zusammenhängen, mit dem Ende vom Deutsch-Unterricht enden. Wenn jedoch das Leben von Menschen mit Legasthenie in Filmen, Serien, Büchern und so weiter gänzlich gezeigt wird, fällt es vielen leichter zu verstehen, dass Legasthenie nicht nur auf alle Fächer, sondern auf das gesamte Leben Auswirkungen hat.

Zuletzt ist auch ein weiterer Vorteil, dass durch die Repräsentation subtil Hilfsmittel und der Umgang mit dem Thema vermittelt werden kann, während gleichzeitig Kritik an aktuellen Strukturen gezeigt werden könnte, die das Leben mit Legasthenie beeinträchtigen.

Was gibt es schon für positive Beispiele für Repräsentanz?

Ein Wolkenhimmel in Blau mit einem Blitz, der den Himmel Außenrum lila erhält.

Eine der besten Repräsentationen in den letzten Jahren war die Serie “Ragnarök“. Auch wenn die Handlung nicht revolutionär ist, war es in Bezug auf die Darstellung des Lebens mit Legasthenie etwas Neues. So wurden Vorlese- und Diktiersoftware ganz natürlich verwendet und ich konnte mich in vielen Situationen extrem gut wiederfinden.

Weitere tolle Repräsentationen finden sich, wie bereits erwähnt, in Werken wie Percy Jackson. Darüber hinaus gibt es in Star Trek: Discovery einen interessante Story-Arc über Spock, der Legasthenie hat. Aber leider sind viele Darstellungen von Legasthenie immer noch oberflächlich und es ist noch ein langer Weg zu einer realistischen Repräsentation.

Fazit: Die transformative Kraft der Repräsentation von Legasthenie

Zusammenfassend können wir festhalten, dass eine gute Legasthenie Repräsentanz etwas Wundervolles ist und dass es davon viel mehr geben sollte. Durch eine solche Repräsentation wird eine bessere Öffentlichkeit geschaffen. Und Schluss endlich können Betroffene ein positiveres Selbstbild entwickeln. Das ist elementar, damit diese Menschen selbstbewusst und erfolgreich seien können!


1 Kommentar

G Grieger · 3. August 2023 um 11:18

Vielen Dank für den tollen Blog! Ich kenne vieles leider zu gut. Wir haben Anfang der dritten Klasse von der Legasthenie unseres Sohnes erfahren. Fortwãhrend ist es schulisch eine echte Challenge – auch durch die Unwissenheit der meisten Lehrer, die Legasthenie ausschließlich auf das Fach Deutsch begrenzen und gewissen Stärken nicht beachten. Meinem Sohn wird zB auch überhaupt nicht zugetraut, das er Abi machen könnte… “bei den Leistungen”. Es ist deprimierend, wie viele betroffene Kinder schon von klein auf an ihre Potentiale gar nicht richtig nutzen können geschweige denn, sie selbst entdecken durch Impulse von aussen. Das Umfeld sugerriert meist “Dummheit” und das ist sehr, sehr traurig … und dann sollen es Therapien wieder richten – anstatt das Problem an der Wurzel anzupacken. Aber laut der Berliner Senatsbeauftragten, gibt es hier ja keinerlei Problematiken 🙁 Danke, Danke, Danke lieber Anton für Deine Aufklärungsarbeit – mach weiter so!!!

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